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Analyse der Argumentation von Fabian Molina zur Änderung der Bundesverfassung

Fabian Molina (SP-Nationalrat) will eine Änderung der Präambel der Bundesverfassung 1https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20210419, weil er den Gott Israels und der Christen ablehnt, unter dessen Namen und Schutz ebendiese Verfassung steht. Ein weiterer (verschwiegener) Grund für den Vorstoss dürfte sein, dass damit der Weg bereitet werden kann für allerlei Entrechtungen der Bürger. Mein Argument dafür habe ich in meinem Artikel «Nicht mehr im Namen Gottes des Allmächtigen?» klar dargelegt. Gleichzeitig mag Molina durchaus alle anderen Religionen und steht damit in meinen Augen stellvertretend für jene moderne «Toleranz», welche Christen konsequent ausgrenzt und deren Errungenschaften der Geschichte kleinredet oder gänzlich ignoriert.

Hintergrund

Am 30. März 2010 hat Molina nach einiger Kritik eine erweiterte Argumentation verfasst im Newsportal «Nau»2https://www.nau.ch/news/stimmen-der-schweiz/fabian-molina-sp-darum-gehort-gott-nicht-in-die-verfassung-65897561 sowie in seinem Blog 3https://fabianmolina.ch/blog/blasphemie-und-toleranz/. Diese Argumentation werde ich hier ausführlich analysieren.

In meinem Artikel «Nicht mehr im Namen Gottes des Allmächtigen?» bin ich bereits auf die prinzipielle Frage zum Sinn der Präambel unserer BV eingegangen. Dort habe ich zudem meine Argumentation dargelegt, warum wir diesen Satz behalten müssen, unabhängig davon, ob man Atheist ist oder an Gott glaubt.

Disclaimer: Ich habe kein Problem mit Fabian Molina persönlich. Es ist lediglich seine Weltanschauung (Marxismus/Naturalismus), die ich mit dieser Replik auf- und angreife. Einige seiner weiteren parlamentarischen Vorstösse sind nämlich durchaus positiv zu bewerten, wie bspw. die Anerkennung eines weiteren Völkermordes durch das kommunistische Chinesische Terror-Regime4https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20213321. Leider sind viele seiner Vorstösse rein ideologischer Natur und damit wohl eher der Kategorie Steuergeldverschwendung zuzuordnen.

Analyse und Replik zu Molinas Argumentation für die Entfernung des Gottesnamens aus der Schweizer Bundesverfassung

«Ihr sollt nicht falsch bei meinem Namen schwören; du würdest sonst den Namen deines Gottes entweihen. Ich bin der Herr.» So steht es im Buch Levitikus, Kapitel 19. Wer also Gottes Namen für bestimmte, eigene Zwecke benutzt, begeht eine Sünde.

Wer hätte das gedacht? Schon beim ersten Absatz gebe ich Molina Recht! Ja, so steht es tatsächlich geschrieben in 3. Mose 19,12. Dort stehen auch noch andere Sachen im Kontext. Und der Adressat des Abschnitts wäre Israel, aber lassen wir mal die theologischen Details; denn im Prinzip gilt diese Forderung auch für Christen (vgl. auch den Dekalog5Die zehn Gebote).

Lügt denn die Bundesverfassung?

Allerdings setzt Molina hier implizit voraus, dass die Bundesverfassung irgendwie lügt (also «falsch schwört»), denn warum müsste er diese Bibelstelle sonst bemühen? Lesen wir weiter:

Gott kann gerade durch die Anrufung und scheinbare Bejahung seiner Macht gelästert werden. Und trotzdem beginnt die Präambel der Bundesverfassung (BV) vom 18. April 1999 nach wie vor mit den Worten: «Im Namen Gottes des Allmächtigen!»

Wieso sollte das jemanden jucken, der gar nicht an Gott glaubt? Ob bewusst oder nicht, Molina widerspricht sich in dem Satz selbst: Wenn jemand nicht an Gott glaubt und dann nur scheinbar dessen Macht bejaht, wäre laut seiner Weltanschauung ja niemand da, der gelästert werden könnte. Und zudem hat nicht Herr Molina die Hoheit, zu definieren, wodurch Gott gelästert wird.

Der «Halleluja»-Kolumnist von Nau.ch, Sam Urech, hat sich am Freitag fürchterlich darüber aufgeregt, dass ich dies mit einem Vorstoss ändern möchte. Deshalb erkläre ich hier auch gläubigen Menschen meine Überlegungen dahinter.

Danke, dass Sie sich dazu herablassen, uns Ihre Überlegungen dahinter zu erklären. Das hätte ich als Blindgläubiger sonst nicht gekonnt (sorry, Sarkasmus).

Glaubt Molina an den Gott, an den er nicht glaubt?

Der Prozess zur Totalrevision der BV zog sich in den 1990er Jahren über mehrere Jahre und schon damals war der Allmächtige umstritten. Zu keinem Zeitpunkt wurde der liebe Gott gefragt, ob das Schweizervolk einen weltlichen Text in seinem Namen verkünden darf.

Und obwohl die Bibel selbst eine klare Meinung dazu hat, war der Aufschrei gross, als ich im März über eine Parlamentarische Initiative anregte, die Präambel der BV in diese Hinsicht zu korrigieren.

Korrekt, schon damals war es gewissen Kreisen ein Dorn im Auge. Quasi ein Stolperstein für ihre weiteren Pläne. Wie genau Molina selber die klare Meinung der Bibel begründet, bleibt hier weiter im Dunkeln; 3. Mose 19,12 kann er dafür nicht bemühen, wie oben gezeigt. Und nochmal: Molina beruft sich hier seltsamerweise auf die Wahrheit eines Buches, an dessen Inhalt er ja per definitionem nicht glaubt. Dialektik eben…

Etwas Geschichte und… Katholizismus?

Theologisch gibt es weitere gute Gründe gegen die politische Vereinnahmung Gottes: Der Protestantismus gründet ja gerade auf der direkten Beziehung des Gläubigen zu Gott – ohne Vermittlung durch eine weltliche Autorität. Und die katholische Kirche akzeptiert seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die relative Laizität des Staates und der weltlichen Sachbereiche.

Naja, fast…Der Protestantismus gründet in erster Linie auf der Wiederentdeckung der Bibel als Wort Gottes durch Jan Hus, John Wyclif, Martin Luther und andere. Die meisten sind dafür den Martyrertod gestorben. Die Folge davon war, dass der Gläubige nun auf Pseudomittlerschaft durch Priester verzichten konnte. Luthers Zwei-Reiche-Lehre wäre diesbezüglich sicher auch noch interessant. Vatikanische Konzile hingegen haben absolut nichts zur Verfassungs-Frage zu sagen.

Religiosität und weltanschauliche Überzeugungen haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Neben dem Christentum sind Judentum, Islam, zahlreiche Formen von Religiosität und Spiritualität sowie Konfessionslosigkeit in der Schweiz weit verbreitet. Alle sind gleichermassen schützenswert, so sieht es Art. 15 der BV und auch die Europäische Menschenrechtskonvention vor.

Das Recht verpflichtet also den Staat explizit, die Ausübung aller Formen des Glaubens zu garantieren. Das ist nur möglich, wenn er gegenüber religiösen Angelegenheiten neutral ist.

Wie kommt er bloss auf die haarsträubende Idee, dass die Präambel der BV die Religionsfreiheit von Art. 15 in irgendeiner Weise beeinträchtigen sollte? Das Gegenteil ist der Fall, wie ich in «Nicht mehr im Namen Gottes des Allmächtigen?» gezeigt habe. Dass dies nur möglich wäre, «wenn er gegenüber religiösen Angelegenheiten neutral ist» ist eine falsche Behauptung, die er nicht belegt.

Weg mit der Folklore (und der Realität)!

Diese Erkenntnis setzte sich bereits in der Aufklärung durch und wurde in der ersten Verfassung von 1848 verankert. Die Präambel widerspricht diesem Grundsatz und ist nichts mehr als Folklore.

Hier ist Molina das erste Mal offen und ehrlich in seiner Argumentation. Er hält den Glauben von mehr als zwei Milliarden Menschen auf dieser Welt für Folklore. Wer kann es ihm verübeln? Er hat hier bloss die übliche westlich-dekadente und überhebliche Brille des reichen Schweizers resp. Westeuropäers auf. Insofern kann man zustimmen: Dieser Präambel-Teil stammt tatsächlich aus anderen Zeiten. Zeiten, in denen die Schweiz weniger wohlhabend und dekadent, dafür aber offenbar auch demütiger und bescheidener war.
Nebenbei: Die «Göttin Vernunft» als heidnisches Götzenbild der «Aufklärung» in der franz. Revolution ist von Kopf bis Fuss dermassen mit Blut beschmiert, dass jeder Geschichtskenner eher vorsichtig damit sein wird, den alten Mythos «Aufklärung vs. Glauben» noch einmal zu bemühen.

… und die obligate Verachtung von Volksentscheiden

Aber wo liegt dann das Problem? Die Debatte um die Burka-Initiative hat deutlich gezeigt, dass in der Schweiz einige Religionen etwas gleicher sind als andere. Bereits laufen Bestrebungen, das Kopftuch zu verbieten. Und Antisemitismus und Antiislamismus haben in der Schweiz in den letzten Jahren zugenommen.

Schon lustig, wie ausgerechnet Molina hier die Worte aus Orwells «Farm der Tiere» benutzt6https://www.exlibris.ch/de/buecher-buch/deutschsprachige-buecher/george-orwell/farm-der-tiere/id/9783257201185,7«Alle Tiere sind gleich. Aber die Schweine sind gleicher.» steht dort im Zusammenhang mit einer sozialistischen Revolution von Tieren auf einem Bauernhof. Wie oben schon gesagt, es geht nicht um Religionsfreiheit. Dieser billige Populismus ist langsam ermüdend. Und beim Thema Antisemitismus sollte sich gerade die Linke heute eher still schämen und nicht mit dem Finger auf die echten Freunde Israels (zu denen gläubige und bibeltreue Christen zählen sollten) zeigen. Das Thema der seltsamen Liebesbeziehung der Linken mit der politischen Ideologie des extremistischen Islamismus schneide ich Molina zuliebe heute nicht an. Merke: Islamkritik ist nicht Antiislamismus, sondern Ausdruck einer weiteren Freiheit, welche Molina neben der Religionsfreiheit nicht so vehement verteidigen will: Der Meinungs- und Redefreiheit. Aber auch auf dieses Thema gehe ich mal nicht weiter ein.

Molinas Agenda und die Nationalismus-Keule

Hier muss der Staat seine Schutzverantwortung besser wahrnehmen. Aber auch der politische Diskurs muss sich ändern: Die Behauptung einer christlich-abendländischen Tradition in der öffentlichen Auseinandersetzung ist kontraproduktiv.

Wer Gott für seinen Nationalismus vereinnahmt, schliesst vor allem andere aus und verweigert ihnen die Zugehörigkeit zu unserem Land. Die Schweiz mag eine christliche Geschichte haben. Aber die Schweiz ist kein christliches Land.

Und hier wird sie wieder sichtbar: Molinas Agenda. Von welchem politischen Diskurs redet er hier? Er setzt Christen mit Nationalisten gleich, beschuldigt sie, andere auszuschliessen und nennt die Schweiz «kein christliches Land». Starker Tobak, der uns zwar schön Molinas Weltanschauung aufzeigt, aber nicht den historischen Tatsachen entspricht. Eine billige Strohmann-Taktik, wie ich sie von den Lifestyle-Genossen (und aus meiner eigenen sozialistischen Vergangenheit) nur zu gut kenne.

Die Schweiz hat einen Gesellschaftsvertrag, der auf Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten basiert. Alles Werte, die gegen die klerikalen Privilegien erkämpft wurden und schlussendlich auch den christlichen Glauben schützen. 2021 wird es Zeit, dass wir uns von nationalistischen und religiösen Mythen verabschieden und eine Verfassung bekommen, die alle gleichermassen einbezieht und anspricht.

Auf Erden sind wir Menschen für unsere Geschicke verantwortlich – nicht Gott. Und trotzdem hält die Zürcher Verfassung einleitend fest, dass sich das Zürcher Volk diesen Rechtstext «im Wissen um die Grenzen menschlicher Macht» gibt. So geht ein moderner Umgang mit der Transzendenz.

Mit etwas diesen nutzlosen Allgemeinplätzen, weiteren Strohmännern und der Mythenkeule schliessen wir ab. Molina zeigt seine glänzende Unwissenheit zum Thema «Menschenrechte und deren Herkunft».

Fussnoten:


2 Gedanken zu „Analyse der Argumentation von Fabian Molina zur Änderung der Bundesverfassung“

  1. Ein wahrhaft gefährlicher Mann, dieser Fabian Molina! Verschlagen, hinterhältig, arrogant, selbstüberheblich, verlogen, antichristlich!

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    • Eigentlich wollte ich nur auf die schwache Argumentation von Molina hinweisen. Persönlich mag ich ihn und finde ihn auf seine Art unterhaltsam.
      Remember: Wenn wir mit dem Finger auf Leute zeigen, zeigen die 4 anderen Finger auf uns zurück. Die von Ihnen verwendeten Attribute treffen auf uns alle zu. Genau deshalb brauchen wir ja Jesus Christus!

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